Mit Achtsamkeit gegen psychische Belastungen: Erfahrungen & Übungen

Voelkner & Radßat GbR • 14. Januar 2025

Mit Achtsamkeit gegen psychische Belastungen: Erfahrungen & Übungen

In dieser Podcast-Folge tauchen wir tief in das Thema Achtsamkeit ein. Wir werfen einen Blick auf ihre Ursprünge im Buddhismus, die Prägung des Begriffs durch Jon Kabat-Zinn und ihre Integration in die Psychotherapie im Rahmen der dritten Welle der Verhaltenstherapie. Wir diskutieren die Bedeutung von Achtsamkeit und ihre Anwendung bei verschiedenen psychischen Störungen wie Depressionen und chronischen Schmerzen. Außerdem tauschen wir uns über die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) aus und erkunden verschiedene Methoden, um Achtsamkeit zu erlernen, sei es durch formelle oder informelle Übungen.

Die Bedeutung der Achtsamkeit in der Psychologie

Die bedeutenden und sozialrechtlich anerkannten Psychotherapieverfahren entwickeln sich ständig weiter. So kann die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) der Verhaltenstherapie zugeordnet werden. Ein wichtiger Bestandteil der ACT ist das Konzept der Achtsamkeit, das ursprünglich aus der buddhistischen Philosophie stammt.

Grundlagen der Achtsamkeit
Jon Kabat-Zinn sagte 1990, dass ein achtsamer Geisteszustand entsteht, wenn man die Aufmerksamkeit auf den jeweils einzigartigen gegenwärtigen Moment richtet, dies bewusst und absichtsvoll tut und auf eine Wertung der Erfahrungen verzichtet. Achtsamkeit bedeutet also, im "Hier und Jetzt" zu sein und dabei einverstanden damit zu sein, was gerade ist, unabhängig davon, ob eine Situation angenehm oder unangenehm ist.

Die Rolle von Leiden und Schmerz
Menschliches Leiden und psychischer Schmerz sind normale Prozesse, wobei Schmerz und Leiden zwei unterschiedliche Dinge sind. Leiden entsteht nicht durch Schmerz, sondern durch den Kampf gegen den Schmerz (Hayes, 2005). Je mehr man gegen etwas ankämpft, desto mehr vergrößert sich das Leiden. Versuchen Menschen, Gedanken und Emotionen bewusst wegzubekommen, kann dies dazu führen, dass der psychische Schmerz bleibt. Eine mögliche Lösung wäre, loszulassen und einen achtsamen Geisteszustand zu entwickeln. Bei dem Konzept der Achtsamkeit geht es nicht darum, "aufzugeben", sondern einen bereits eingetretenen Zustand wie z.B. Angst, negative Emotionen, etc. im jetzigen Moment zu akzeptieren und dabei für zukünftige Veränderungen offen zu sein.

Die Achtsamkeit kann dabei helfen, in einen Zustand des "Seins" zu kommen und loszulassen von belastenden Gedanken und Emotionen. Ebenfalls verbessert Achtsamkeit die Körperwahrnehmung, die Emotionsregulation und Konzentrationsfähigkeit und kann entspannen (Heidenreich & Michalak, 2013).

Loslassen und Akzeptanz
Die Vorteile des Praktizierens von Achtsamkeit nutzt auch die ACT, ein Therapieverfahren entwickelt von Steven Hayes. Die Akzeptanz spielt in der ACT eine bedeutende Rolle und meint das bewusste Annehmen einer absichtsvollen, offenen, empfänglichen, flexiblen und nicht urteilenden Haltung gegenüber dem Erleben im gegenwärtigen Augenblick (Hoyer & Knappe, 2020). Dementsprechend ist eine Offenheit für alle Dimensionen des inneren Erlebens ohne eigene schmerzhafte Gefühle, Gedanken oder Erinnerungen zu bekämpfen oder loslassen zu müssen (Hoyer & Knappe, 2020).

Erlernen und Üben von Achtsamkeit
Das Erlernen von Achtsamkeit (und Akzeptanz) ist ein Prozess. Bei formellen Achtsamkeitsübungen folgt man einer Anleitung. Die Übung kann von einer anderen Person oder von einem selbst angeleitet sein oder auch durch ein digitales Medium abgespielt werden. Mediationen sind ein Beispiel für formelle Achtsamkeitsübungen. Beispielsweise können Apps wie "7Mind" oder Meditationen auf YouTube, Spotify genutzt werden. Empfehlenswert sind der Body-Scan oder Autogenes Training. Informelle Achtsamkeitsübungen sind solche, die im Alltag in jeder Situation durchgeführt werden können: Trinken Sie mal achtsam einen Kaffee - Wie schmeckt er, etwa bitter? Wie warm ist er? Wie fühlt sich das Herunterschlucken an? Die wohl bekannteste informelle Übung nennt sich "Genusstraining".

Literatur:
Hayes, S. C. (2005). Get our of your mind and into your life. The New Acceptance & Commitment Therapy. New Harbinger Publications.

Heidenreich, T. & Michalak, J. (2013). Die „dritte Welle“ der Verhaltenstherapie. Grundlagen und Praxis. Weinheim: Beltz.

Hoyer, J., & Knappe, S. (2020). Klinische Psychologie & Psychotherapie (3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Aufl., Berlin [Heidelberg].

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